Andrea Legde

Vom Haus zum Rechteck, dem eine Ecke abgeschnitten wurde und wieder zurück: Das Fünfeck bei Jockel Heenes

Pralle rote Herzen schmücken die Giebelseite eines leer stehenden kleinen Hauses auf Elba, nachdem Jockel Heenes es bearbeitet hat. Auf der Seite des Hauses wiederholt er ein einfaches bekanntes Zeichenspiel für Kinder (WVZ Nr. 1982/001 C): Wer kennt es nicht oder hat es in seiner Kindheit nicht selbst gespielt? In einem einzigen Linienzug muss ein „Haus“ aus genau acht Strecken gezeichnet werden ohne eine Strecke zweimal zu durchlaufen. Begleitet wird das Zeichen, dieses Chiffre eines Hauses, mit dem simultan gesprochenen Reim: „Das ist das Haus vom Ni-ko-laus.“

WVZ-Nr. 1982/001 C

Haus, lat. Domus, bezeichnet den dauerhaften Wohnsitz für den sesshaften Menschen. Mit den lateinischen Begriffen der Wortfamilie Dominus (Hausherr) und Dominum (Herrschaft) schwingt die Vorstellung von Eigentum und Macht mit. Das Dach über dem Kopf hat nicht nur die Aufgabe, den Menschen vor Witterungseinflüssen, Störungen und Gefahren zu schützen. Es bietet dem Einzelnen oder einer Gemeinschaft auch die Möglichkeit sich zurückzuziehen, bei sich selbst zu sein. So brauchen wir, wenn Leben gedeihen und sich entfalten soll, einen schützenden Raum. Diese bergende Hülle ist eines der zentralen Themen in Leben und Schaffen von Jockel Heenes. Aufgewachsen und ausgebildet unter den strengen Augen des Vaters, lernt er das Handwerk, den Umgang mit der Farbe in dessen Malerbetrieb von der Picke auf. In puncto Perfektion versucht er den Erwartungen des Vaters zu entsprechen; als Sohn des Meisters steht er unter besonderer Beobachtung – auch bei den anderen Mitarbeitern, wie er selbst einmal im Gespräch erwähnt. Sein ganzes Leben lang wird seine Arbeitshaltung durch diese frühen Erfahrungen geprägt sein. Pflichtbewusst taucht er ungezählte Häuser innen und außen in frische Farbe für den Familienbetrieb. Doch nach dem frühen und völlig unerwarteten Tod des Vaters übernimmt er nicht die Firma, sondern entscheidet sich für ein Studium an der Münchner Kunstakademie. Gleichwohl wird ihn das Haus als Thema sein ganzes Leben begleiten.[1]

Eine erste Station ist sein Konzept, das er für ein DAAD-Stipendium entwickelt und 1981/82 auf der Insel Elbe realisieren kann. So verwandelt er auf der Insel künstliche Landmarken wie Poller aus Beton („Industrie-Pyramide“ WVZ Nr. 1982/001 I), Grenzsteine („Grenzstein“ WVZ Nr. 1982/001 J) oder Straßenschilder mit Erdfarben in gegenstandslose Farbkompositionen. Zahlreiche leer stehende Häuser werden mit Hilfe von Farbe kommentiert oder völlig umgedeutet. Das hier abgebildete Bauwerk bietet mit seinem Satteldach gewissermaßen den Prototyp eines Hauses, den Heenes in seiner Bemalung zitiert und in einer Art Liebeserklärung zusätzlich mit roten Herzen versieht. Ein anderes Gebäude gestaltet er mit dem ersten und dem letzten Buchstaben des griechischen Alphabets (WVZ Nr. 1982/001 D), drei verlassene kleine Dynamitlagerhäuser werden jeweils mit einer signifikanten Kreuzform markiert (WVZ Nr. 1982/001 F-H). Rückblickend schreibt er in einem Brief an Walter Grasskamp am 30.3.1983 über seine Arbeiten auf der Insel: „Das Konzept für Elba geht davon aus, dass von den 100.000en von Urlaubern, die jedes Jahr auf der Insel sind, durch gesteuerten Zufall, einige mit meinen zurückgelassenen Spuren konfrontiert werden. Die Kunstpräsentation im gewohnten Sinn existiert nicht, der Betrachter ist überrascht, an einem unvermuteten Präsentationspunkt Bildnerischem gegenüber zu stehen. Kein Katalogtext, keine Hinführung oder geistige Vereinnahmung steht vor der Auseinandersetzung mit dem „Bild“. Die Beziehungen zur Natur, zum „heilen“ Umfeld der Insel unterstützen oder stören die dargestellten Inhalte. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass der Betrachter gestört oder integriert ist…“

Die leerstehenden Häuser ziehen ihn wegen ihrer Einfachheit und Proportion in ihren Bann. Noch spielt die fünfeckige Form eine untergeordnete Rolle, doch bereits ein Jahr später taucht das von der Proportion eines Giebelhauses abgeleitete Fünfeck in einem dreiteiligen Postkartenobjekt (WVZ Nr. 1983/028) auf.

WVZ-Nr. 1983/028

Zusammen mit der Städtischen Galerie im Lenbachhaus gibt er Postkarten heraus, die seine gestalteten Häuser auf Elba zeigen. Auf der Rückseite finden sich jeweils die Angaben „Städtische Galerie im Lenbachhaus. Luisenstraße 33, 8000 München 2. Außenstelle: Lago di terra nera, Isola d’Elba – Italia“. Gestempelt sind die Karten mit dem ironischen Vermerk „Postprovinzialismus“. Heenes verwendet drei dieser Karten, legt jeweils einen kleinen Holzrahmen über jede Postkarte und schließt jedes dieser nunmehr dreidimensionalen Objekte mit einem Karton in der Größe der Postkarte ab. Diese Kartons versieht er mit unterschiedlichen Flächenformen und bindet diese Formen in grafische Zeichen ein. Bei dem untersten Karton schneidet er den Giebel seiner Fünfeckform in die Bildfläche, klappt ihn in den Raum und macht mit dem Schnitt die Herkunft des Zeichens deutlich, indem er den Blick auf die darunter liegende Postkarte freigibt. Während bei der obersten Karte die Form noch mühelos als Fassade mit Tür lesbar ist, kann die Fünfeckform auf der mittleren Karte nicht mehr unmittelbar in den Zusammenhang des Hauses gebracht werden. In diesen drei Karten führt Heenes bereits das gesamte Spektrum seiner Auseinandersetzung mit dem Fünfeck vor Augen: Abgeleitet vom Archetyp des Hauses entfernt sich das Fünfeck allmählich von der Haussilhouette, neigt sich zur reinen geometrischen Form und wird doch immer wieder die Nähe zu dem einfachen Zeichen für „Haus“ suchen und in diesem Spannungsfeld seine Kraft entfalten.

Das Haus als Körper für den Geist

Im Nachlass findet sich eine kleine Farbskizze (WVZ Nr. 1984/087) mit dem Titel „Auflösung“. Die Gesamtform des in dreidimensionaler Ansicht gegebenen Farbkörpers entspricht dem einfachen Giebelhaus, wobei eine Seite des Giebels nach oben geschoben wird und mit einer ebenfalls nach oben gerichteten gelben Fläche versehen ist. Die Außenform wiederholt sich innen, eine signifikante Visualisierung der Beziehung von Mikro- und Makrokosmos. Johann Wolfgang Goethe schrieb in seinem Gedicht Epirrhema: „Nichts ist drinnen, Nichts ist draußen, Denn was innen, das ist außen. Freuet Euch des wahren Scheins, Euch des ernsten Spieles! Kein Lebend’ges ist ein Eins, Immer ist’s ein Vieles.“ Der Archetyp des Hauses impliziert auch das Bild vom menschlichen Körper als Haus für den Geist. In den Satiren des römischen Dichters Juvenal steht der viel zitierte Satz: „Mens sana in corpore sano“ – „in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“ Mit diesem Bild schließt sich der Kreis zum Fünfeck, denn das Pentagramm symbolisiert die Gestalt des Menschen mit ausgestreckten Armen und Beinen, wie der Universalgelehrte Henricus Cornelius Agrippa 1533 in einer Zeichnung in seinem Werk „De occulta philosophia sive de magia“ anschaulich zeigt.

WVZ-Nr. 1984/087

In antiker Vorstellung besteht jede Materie – und damit auch die Lebewesen der Erde, die Tiere, die Pflanzen und die Menschen – aus vier Elementen: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Das Feuer entspricht der Wärme des Körpers, das Wasser dem Blut des Menschen, die Luft seinem Atem und die Erde seinem Fleisch. Beim Menschen kommt in dieser Vorstellung der Geist als fünftes Element hinzu, das Fünfeck fügt den vier Elementen den Geist als „Quintessenz“ hinzu. In der Zeichnung des Agrippa umfasst die Spitze des Pentagramms den Kopf der aufrecht stehenden Figur. In einer anderen berühmten Zeichnung der Kunstgeschichte schreibt Villard de Honnecourt im 13. Jahrhundert dem Kopf allein das Pentagramm ein. Jockel Heenes greift diese symbolische Verbindung von Kopf, Haus und Fünfeck auf und verwandelt das Giebelhaus in einen Kopf.

WVZ-Nr. 1989/001

In seinem plastischen Werk taucht das Zeichen für Haus erstmals 1984 auf. In Eisen geschweißt fügt es sich als Kombination von Quadrat und Dreieck in den Zusammenhang des Zeichenfeldes (WVZ Nr. 1984/001 M-O). Ab 1986 beginnt Heenes zunächst auf Papier mehrere nach oben immer kleiner werdende Fünfeckkörper übereinander zu schichten und gibt der Werkgruppe den Titel „Ein Haus/ ist ein Haus/ ist ein Haus/ ein Haus“. In Anlehnung an Gertrude Steins bekannten Satz „A rose is a rose is a rose“ zielt auch Heenes tautologischer Titel auf die komplexe Beziehung zwischen der Bezeichnung einer Sache, deren Bild und den damit verbundenen Assoziationen. Im Unterschied zu Gertrude Steins Tautologie behauptet Heenes im ersten Teil „Ein Haus ist ein Haus“, stellt aber die Identität des Wiederholten im zweiten Teil sofort wieder in Frage: „Ist ein Haus ein Haus?“ Der komplexe Titel evoziert somit die Frage nach dem Verhältnis von „Bild“ und „Wirklichkeit“ und lädt den Betrachter ein, diese in Beziehung zu setzen.[3]

Die Ästhetik der Wiederholung

In einem Blatt der Serie „Ein Haus ist ein Haus ist ein Haus ein Haus“ (WVZ Nr. 1986/031) liegen die Elemente, die durch ihre Form noch mühelos als Häuser gelesen werden können, wie schmale nach oben kleiner werdende Scheiben übereinander. Sie erinnern an russische Steckpuppen, sogenannte Matrjoschka. Die Bezeichnung geht auf den russischen Vornamen Matronja zurück, der wiederum etymologisch verwandt ist mit der Matrona, der Ehefrau des Bürgers im antiken Rom, zu deren wichtigsten Aufgaben die Verwaltung von Haus und Hof gehörten. Das unterste Fünfeck weist die größte Materialstärke auf und fungiert als Sockel, darüber liegen drei weitere Fünfecke. Ein weißer Klebestreifen begrenzt im Vordergrund eine weiße Fläche, die dahinter scheinbar den Blick in die Tiefe frei gibt und den Fünfecken etwas unwirklich Schwebendes verleiht. Doch es handelt sich nicht einfach um gestapelte Formen auf zweifarbigem Grund, denn das Fünfeck liegt der gesamten Komposition als formgebendes Prinzip zugrunde: Sowohl die helle Fläche im Vordergrund als auch die dunkle Fläche im oberen Teil basiert auf einem Fünfeck.

WVZ-Nr. 1986/031

Wir sehen viermal das gleiche gelbe Fünfeck, doch das Fünfeck ist – unabhängig von seiner progressiv abnehmenden Größe – nicht mehr das gleiche, wenn es zum zweiten, dritten, vierten Mal im gleichen Kontext erscheint. Jedes Fünfeck wird zum Echo des vorhergehenden, zur Ahnung des zukünftigen. Der englische Philosoph David Hume weist darauf hin, dass man in der Wiederholung Geschmack an etwas finden kann, was in seiner Singularität zunächst wenig angenehm schien: „Wenn die Seele mit der Ausführung einer Handlung oder mit der Auffassung eines ungewohnten Gegenstandes befasst ist, so zeigt sich eine gewisse Unbiegsamkeit des geistigen Vermögens, eine Schwierigkeit der Lebensgeister, sich in der neuen Richtung zu bewegen. Diese Schwierigkeit erregt die Lebensgeister und wird Quell der Verwunderung, Überraschung und aller jener Gefühlsregungen, die aus der Neuheit entstehen. Dies ist an und für sich sehr angenehm, wie alles, was den Geist in mäßigem Grad belebt. Gleichzeitig aber versetzt die Überraschung die Lebensgeister in Unruhe und steigert dadurch nicht nur die angenehmen Affekte, sondern auch die schmerzlichen. (…) Daher erregt uns alles Neue in höchstem Grade und gewährt uns entweder mehr Lust oder mehr Unlust, als ihm genau genommen, von Natur zukommt.“[4] Kehrt es jedoch öfter wieder, so verschwindet die Wirkung der Neuheit. Die Affekte lassen nach und wir können nach Hume die Dinge mit mehr Gelassenheit betrachten. Diese Gelassenheit ermöglicht es, das in der Wiederholung Gegebene in größerer Unabhängigkeit von eigenen psychischen und physischen Befindlichkeiten wahrzunehmen. Man könnte daraus schließen, dass jeder in Reihung mehrfach vorhandene Gegenstand durch die Wiederholung „objektiver“ wahrgenommen werden kann. Der Blick auf Gertrude Steins tautologische Rose zeigt jedoch genau das Gegenteil, denn mit jeder Wiederholung verändert die Rose die vorherige und auch ihre Bedeutung innerhalb der Syntax. Die Schriftstellerin antwortet daher auf die Frage, was die Wiederholungen in ihren Büchern zu bedeuten hätten: „Nein, nein, nein, nein, es sind nicht nur Wiederholungen. Ich verändere die Worte immer ein klein wenig.“[5] Die Wiederholung ändert nichts am sich wiederholenden Objekt, sie ändert aber etwas im Geist dessen, der sie betrachtet.[6] Ein wichtiger Grund liegt sicher darin, dass das Wiederholte durch die Wiederholung zur Regel, zum Gesetz wird. „Napoleon sagte, es gäbe nur eine einzige ernsthafte Redefigur: die Wiederholung. Das Wiederholte befestigt sich so sehr in den Köpfen, dass es schließlich als bewiesene Wahrheit angenommen wird. Man versteht den Einfluss der Wiederholung auf Massen gut, wenn man sieht, welche Macht sie über die aufgeklärtesten Köpfe hat. Das Wiederholte setzt sich schließlich in den tiefen Bereichen des Unbewussten fest, in denen die Ursachen unserer Handlungen verarbeitet werden. Nach einiger Zeit, wenn wir vergessen haben, wer der Urheber der wiederholten Behauptung ist, glauben wir schließlich daran.“[7]

Die Wiederholung verwandelt sich in eine Form der „Einübung“ und mündet schließlich in Mechanismen, die als „Gewohnheit“ bezeichnet werden können. In der Gewohnheit liegt Sicherheit und Geborgenheit, denn man braucht nicht den Einbruch unvorhergesehener Ereignisse zu fürchten. In der Wiederholung des Gleichen wird sozusagen eine kontinuierliche Gegenwart simuliert. Die Wiederholung übt eine Art von „Zauber“ aus, weil sie, wie Georg Lukács formuliert, „eine Steigerung unseres Selbstbewusstseins, unserer Fähigkeit des Beherrschens der Umwelt und unseres Selbst zustande bringt, ohne dass wir andererseits darüber im klaren wären, woher diese Macht stammt, mit welchen Mitteln sie wirkt.“[8] Umberto Eco entschlüsselt diesen Zauber am Beispiel der Massenunterhaltung: „In der Serie glaubt der Verbraucher, an einer neuen Geschichte teilzunehmen (die im Grunde immer wieder die gleiche ist), während er in Wirklichkeit die Wiederholung eines konstanten Erzählschemas erlebt und Befriedigung darüber verspürt, dass er immer wieder bekannten Figuren begegnet, mit ihren Ticks, den immer gleichen Sätzen und der immer gleichen Technik Probleme zu lösen. In diesem Sinn entspricht die Serie dem kindlichen, aber nicht krankhaften Bedürfnis, immer wieder die gleiche Geschichte zu hören und sich getröstet zu fühlen durch die Rückkehr des ewig Gleichen, das nur oberflächlich als Neuheit verkleidet ist. Die Serie tröstet den Verbraucher, weil sie seine Fähigkeit, etwas vorherzusehen, belohnt: er ist glücklich, weil er das Eintreten des Erwarteten genießt.“[9]

Doch Heenes stapelt nicht einfach progressiv kleiner werdende Fünfeckformen: Jedes der gestapelten Elemente folgt nur auf dem ersten Blick den Gesetzen der Zentralperspektive, denn jede der Formen trägt ihre eigene Perspektive in sich, ordnet sich keinem Gesamtsystem unter. Irritationen entstehen durch einzelne Flächen, die geringfügig in andere, nochmals eigene Richtungen kippen. Von André Gide ist die wunderbare Aufforderung überliefert: „Verstehen Sie mich bitte nicht zu schnell.“ Heenes fordert uns mit seinen geringfügigen Verschiebungen auf, genau hinzusehen, ein zweites und vielleicht auch ein drittes Mal. „Wir in unserer Zeit , die existenzielle Auseinandersetzung kaum noch zulässt oder hervorbringt, sind dem gemäß nur wenig offen in der künstlerischen Äußerung innere Tiefe zu suchen, zu sehen, zu finden“, kommentiert er 1987 seinen Beitrag im Katalog der Ausstellung Emotion und Methode in der Galerie der Künstler. Im Rahmen der Ausstellung beteiligt sich Heenes an einer Edition und gibt zusammen mit den Künstlern Rodolfo Aricò, Giorgio Griffa, Raimer Jochims, Antonio Scaccabarozzi und Maximilian Wagner eine Kassette mit je sechs Originalen der beteiligten Künstler heraus (WVZ Nr. 1987/021 A-R)

WVZ-Nr. 1987/021 A-R

Die Anzahl der Fünfecke wird erweitert, gleichzeitig findet eine Gruppierung statt, die sich nicht nur in der Farbgebung, sondern auch dem Wechsel des Betrachterstandpunkts zeigt: Während sich die beiden unteren Elemente auf Augenhöhe befinden, blicken wir auf die obere Gruppe in Draufsicht, obwohl die Formen nach den Gesetzen der Perspektive in Untersicht gegeben sein müssten. Komplexität kennzeichnet auch zahlreiche Zeichnungen, die um das Thema der gestapelten Fünfecke kreisen. Eine Linie beschreibt mit präzise gezogenen Strichen die Schichtung geometrischer Formen. Gleichberechtigt schiebt sich eine zweite Ansicht über die erste und wird durch eine weitere geringfügig in Lage und Größe veränderte hellere dritte Ansicht erweitert (WVZ Nr. 1988/041). Heenes wechselt nun innerhalb jedes Blattes mehrmals den Standpunkt. Seine Blätter enthalten exemplarische Ansichten, die mühelos im Auge des Betrachters durch zahlreiche weitere ergänzt werden können. In der Zusammenschau zeigen sie Metamorphosen der Form in wechselnden Raumansichten.

WVZ-Nr. 1988/041

Bereits die Impressionisten glaubten sich allein mit Hilfe der Serie der komplexen Wirklichkeit nähern zu können. Die Relativierung des Meisterwerks in der Serie stellte die bildnerische Reflexion einer im Zeichen des wissenschaftlich-technischen Zeitalters radikal veränderte Weltsicht dar. Eine bislang für unerschütterlich gehaltene „mechanistische“ Naturvorstellung zerbrach und wurde durch einen grundsätzlichen Skeptizismus gegenüber den Möglichkeiten objektiver Wirklichkeitserfahrung ersetzt. Die Welt schien nicht länger durch ein einziges Erklärungsmodell eindeutig und exakt darstellbar. Physikalische Entdeckungen wie die Einsteinsche „Relativitätstheorie“ oder die Heisenbergsche „Unschärferelation“ spiegeln in ihrer Begrifflichkeit diese neuen Denkansätze. Die Künstler des Impressionismus griffen die dem naturwissenschaftlichen Experiment entlehnte Methode der seriellen Darstellung auf und erhofften sich über die Gesamtheit der erstellten Bilder desselben Gegenstandes eine Annährung an die Komplexität der Wirklichkeit. Das impressionistische Gemälde zeigt– wie Gottfried Böhm formuliert, „eine mögliche Welt in diesem Moment unter diesen Bedingungen: des Ortes, des Lichtes, der Luft, betrachtet durch diese Augen, dargestellt mit eben den gewählten Mitteln: eine mögliche Welt aus der unabsehbaren Fülle anderer möglicher Welten“[10]. Das Kunstwerk spiegelt nicht länger die Ordnung einer normativen Wirklichkeit wieder, sondern wird zu einem selbständigen Erkenntnisorgan.

Jockel Heenes türmt Fünfecke in allen klassischen Gattungen der Kunst: Zeichnung, Malerei und Plastik übereinander. Das Fünfeck wird geschichtet, gestapelt und gekippt. Schließlich variiert er auch die Stärke der einzelnen Elemente. In den Jahren 1987 bis 1988 entsteht nach der zeichnerischen Erprobung die plastische Werkreihe „EIN HAUS/ IST EIN HAUS/ IST EIN HAUS / EIN HAUS“. Unter dem Titel „EINES NICHT OHNE EIN ANDERES“ stellt Heenes 1988 eine größere Auswahl von Plastiken dieser Werkgruppe in der Münchner Galerie Kunst + Kommunikation und 1989 unter dem gleichen Titel in der Galerie Erhard Witzel in Wiesbaden aus. Er präsentiert die Arbeiten auf fragilen Sockeln, die aus jeweils vier Glaswinkeln an den Kanten und Glasstreifen oben und unten bestehen. Ihre Deckplatte bildet jeweils eine exakt an die fünfeckige Grundfläche jeder Plastik angepasste Spiegelfläche. Die stark farbigen Körper werden in ihrer Masse betont um gleichzeitig auf gläsernen Sockeln im Raum zu schweben.

In einer Plastik der Serie (WVZ Nr. 1987/014) fügt Heenes drei regelmäßige Fünfeckkörper übereinander. Während der unterste gewissermaßen als Sockel fungiert – jedoch seinerseits bereits leicht geneigt ist – kippt der zweite Farbkörper dem Betrachter entgegen und scheint die Sicht auf einen dritten Körper freizugeben, der in seiner Neigung die Gegenbewegung bildet. Heenes erzeugt eine labile Schichtung. In diesem System darf kein Element fehlen, alles ist aufeinander bezogen, hat seinen Platz, seine Bedeutung: „EINES NICHT OHNE EIN ANDERES“, lautet ja der Titel der Ausstellung. Die Farbe unterstreicht die Gliederung der Plastik in unterschiedliche Zonen, so dass das Körpervolumen aus unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt erscheint. Die drei Körper bilden farblich einen Klang vom gebrochenen Grün über Magenta zu Violett, wobei die Oberseiten der Elemente einheitlich in Blau gehalten sind. Die Farbe grenzt die Körpervolumen von einander ab und stützt gleichzeitig den formalen Zusammenhalt zwischen den Zonen untereinander. Das Blau der Oberseiten hat durch seine Leuchtkraft keine untergeordnete Funktion, sondern führt völlig neue Formbezüge ein. Die Farbe bewirkt damit letztlich eine Destabilisierung und unterstützt die in der Komposition angelegte Dynamik. Das stabile Gleichgewicht wird zugunsten eines labilen Zustands aufgehoben. „BESTÄNDIG IST DIE VERÄNDERUNG“ lautet der Titel einer temporären Arbeit für eine andere Ausstellung in München im selben Jahr.

WVZ-Nr. 1987/014

Jockel Heenes verzichtet bei seinen Objekten ungern auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Farbe und wählt auch in der Plastik Farbe nach ihrer Ausdehnung und Schwingung im Raum aus. Oft arbeitet er mit komplementären Farbtönen, seine Farbwahl ist aber letztlich keinem festen System unterworfen. Selten beschränkt er sich auf die Materialfarbe. Allein bei Plastiken, die aus Bronze- oder Stahlblech geschweißt werden, verzichtet er bisweilen auf eine zusätzliche Farbgebung. In seinem Objekt „o. T.“ aus geschweißtem Stahl (WVZ Nr. 1991/014), das sich heute in der Sammlung des Museums für Konkrete Kunst Ingolstadt befindet, färbt er den Hohlraum der Plastik leuchtend blau und nimmt damit die Anlauffarbe der Fünfeckstele – das sichtbare Zeichen der Erwärmung des Materials beim Schweißen – wieder auf. Die Negativform wird mit Hilfe der Farbe verdichtet, in ihrer Wirkung gesteigert und als virtuelles Innenhaus ins Zentrum der Betrachtung gerückt. In der Regel fertigt Heenes seine Objekte aus schichtverleimtem Holz und verwendet viel Zeit und Sorgfalt darauf, die Identität des Materials unter Schichten von Gewebe und Spachtelmasse zu verschleiern, um einen möglichst perfekten Farbträger zu erhalten. Man kann in der starken Farbigkeit seiner Objekte eine Antwort auf frühere Arbeiten, in denen er Holz mit Blei überzogen hat, sehen.[11] Das Interesse an Farbe hat sich wieder Raum verschafft.

Medienwechsel als Prinzip

1988 wächst die Basis seiner Schichtungen zum sockelartigen Unterbau an. Die Plastik trägt nun ihren eigenen Sockel als integralen Bestandteil in sich und behauptet sich selbständig im Raum. Unter dem Motto „REALITÄT WAS IST DAS“ zeigt Heenes im Rahmen der Kunstwochen 1988 in Schloß Dillingen eine Installation mit Objekt, Wandobjekt und Spiegelbuchstaben (WVZ Nr. 1988/022). Er experimentiert hier mit der Materialisierung seiner Zeichnungen im Raum und überträgt die Linien seiner Fünfeckschichtungen auf eine Konstruktion aus farbigen Holzlatten. Im selben Jahr stellt er in der Künstlerwerkstatt Lothringerstraße in München eine vergleichbare Trias von Objekt, Wandbild und Schrift, ein Ensemble mit dem Titel „EINHEIT“ aus (WVZ Nr. 1988/021). In beiden Arbeiten thematisiert er die Verbindung zwischen einem dreidimensionalen Objekt, dessen zweidimensionalem Abbild und visueller Dichtung. Die Buchstaben sind sowohl ein Sprach- als auch ein Bildtext, weil die Zeichen über ihre semantische Ebene hinaus faktisch ein Objekt im Raum bilden. Sprach- und Bildtext stellen völlig unterschiedliche Kommunikationssysteme dar, die durch ihre Verbindung von Heenes zu einem neuen Ganzen gefügt werden. Obgleich Titel gebend, benennen oder kommentieren sie nicht einfach seine Objekte, sondern eröffnen über den Diskurs in den einzelnen Gattungen hinaus ein weites Feld möglicher Assoziationen. Beide Raumtexte von Jockel Heenes, „REALITÄT WAS IST DAS“ und „EINHEIT“, thematisieren die Unmöglichkeit, Vorbild und Abbild, Realität und Imagination zur Deckung zu bringen. Das besondere Interesse von Jockel Heenes gilt hierbei dem transitorischen Aspekt, dem Moment des „NOCH-NICHT“ und „NICHT-MEHR.“ Er versucht eine Art „Schwebezustand“ zu erzeugen, eine Zwischensituation, die gekennzeichnet ist durch den ständigen Wechsel der Gattungen. So charakterisiert die Malerei die Oberfläche der dreidimensionalen Form, die materialisierte Linienzeichnung bzw. die Wandmalerei paraphrasiert die Form und bezieht sich über die Farbe ihrerseits wieder auf die Malerei. Hinzu kommt der Text, der die anderen Elemente nicht illustriert, sondern mit eigenen materialspezifischen Qualitäten gleichberechtigt im Raum steht und das Netz möglicher Bedeutungsfelder auf mindestens zwei Ebenen erweitert: Eine semantische Ebene, auf der wir uns mit der Bedeutung der Worte beschäftigen und eine weitere Ebene, die sich ergibt, weil die Buchstaben den umgebenden Raum spiegeln und den Raum wie auch den Betrachter, der lesend vor den Buchstaben steht, zum integrativen Bestandteil des Werkes machen.

WVZ-Nr. 1988/021
WVZ-Nr. 1988/021 B
WVZ-Nr. 1988/022

Text wurde als visuelles Mittel verstärkt in Malerei und Grafik zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingesetzt, in Plastik und Objektkunst erfolgte die Integration von Sprachtexten erst sehr viel später. Nach der Betonung der Form in Kunstrichtungen wie der sogenannten Minimal Art zielt die Verwendung von Text darauf ab, „das Inhaltliche wieder mehr zu favorisieren, ohne sinnlich wahrnehmbare Zeichenträgerqualitäten zu vernachlässigen“, wie Eva Maltrovsky formuliert.[12] Sowohl das Sehen als auch das Lesen sind zwei kultur-und sozialisationsabhängige Rezeptionstechniken, die abhängig vom jeweiligen Kontext des Betrachters sind. Entgegen unserer Alltagsintuition entnehmen wir Texten keine festen Bedeutungen, sondern wir ordnen ihnen Bedeutungen zu. „Wir konstruieren Bedeutungen lesend im Kopf und in diesem Konstruktionsprozess spielt der wahrgenommene Text eine auslösende und begrenzende Rolle, aber keineswegs eine determinierende Rolle“, analysiert Sigfried J. Schmidt ganz allgemein den Umgang mit Sprach- und Bildtexten.[13] Heenes nimmt eigenständige Formulierungen in der Malerei, der Zeichnung und der Plastik vor, präsentiert diese gleichberechtigt nebeneinander und verbindet sie mit Bild-Sprach-Texten zu einem komplexen Ganzen. Sein Gesamtwerk kennzeichnet der Medienwechsel, der jedoch dezidiert mit Bezug auf die traditionellen Gattungen formuliert wird. „In der Gegenwart wird gleichsam innerhalb der Gattungen das angestrebt, was über die Gattung hinausführt“, beschreibt Wolfgang M. Faust die Situation Ende der achtziger Jahre.[14] Jockel Heenes lotet die Möglichkeiten der tradierten Gattungen gerade in ihrer Gegenüberstellung aus und nutzt ihre jeweils spezifischen Möglichkeiten des Blicks auf das, was wir für Welt halten. Heenes verdichtet und aktualisiert damit in seinen Installationen den Ansatz der Impressionisten, sich der komplexen Wirklichkeit mit Hilfe der Serie zu nähern.

1989 kulminieren die Experimente mit Fünfeckkörpern in einer Wandgestaltung für die Hauptstelle der Dresdner Bank in Freising (WVZ Nr. 1989/112). In illusionistischer Malweise präsentiert Heenes zwei großformatige, scheinbar plastische Fünfeckkörper, die dem Betrachter entgegen zu kippen scheinen. Seine Entscheidung zusätzlich unterschiedliche Flächenformen vor die Wand zu stellen, betont entschieden die Zweidimensionalität der gespachtelten Farbflächen. Er versieht diese flachen Formen mit einem artifiziellen Schlagschatten auf der Wand, um die Objekthaftigkeit dieser Tafeln zu unterstreichen. Insgesamt fünf Elemente paraphrasieren das Thema des unregelmäßigen Fünfecks in Reihung. Zu den progressiv kleiner werdenden Fünfeckkörpern gesellt sich ein Spiegel in Fünfeckform. Eine eigens angefertigte formkongruente Wandnische, ebenfalls mit Spachteltechnik in Gelb gehalten, schließt die Reihe ab. Sie entpuppt sich erst auf dem zweiten Blick als Negativform – man kennt das Phänomen, eine Hohlform kann durch Lichteinfall als positive Form erscheinen. Im Zusammenhang der seriellen Arbeitsmethode verweist ein Element der Reihe auf das andere und setzt damit unterschiedliche Erscheinungsformen des Fünfecks im Raum miteinander in Beziehung.

WVZ-Nr. 1989/112

Besondere Bedeutung kommt dem Spiegel im Ensemble zu. Nach den Gesetzen der Optik reflektiert ein Spiegel ein seitenverkehrtes Bild. Der Begriff Reflexion meint in unserem allgemeinen Sprachgebrauch gleichzeitig auch die prüfende Betrachtung, das Nachdenken über Wahrnehmungen, Handlungen, Einstellungen und Erkenntnisse. Der Spiegel gehört zum Menschen als wichtiges Mittel der Selbst- aber auch der Wirklichkeitskontrolle. Je nach Beschaffenheit bildet der Spiegel ab, vergrößert oder verkleinert er. Jockel Heenes entscheidet sich für den Planspiegel und damit für die scheinbar „richtige“ Wiedergabe. Größe und Aufstellung des Spiegels sind vom Künstler so gewählt, dass der Betrachter lediglich seine Beine im Spiegel sehen kann, nicht aber seinen Kopf – außer er geht in die Knie und passt sich damit dem Maßstab des Spiegels an. Je nach Standort des Betrachters werden Teile des Raumes in die Wandgestaltung hinein gespiegelt. Der Raum wird zum integralen Bestandteil des Werkes und verweist auf das eigentliche Thema der Installation. Der Wechsel der Bezugsfelder beim Begehen der Installation kann in Beziehung gebracht werden zur modernen Physik, in der die Monokausalität durch mehrdimensionale Kausalordnungen erweitert wurde. André Gide wird das Zitat zugeschrieben: „Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben“. Der Soziologe Armin Nassehi fordert uns rund 60 Jahre später auf, die Gleichzeitigkeit des Verschiedenen als positives Merkmal unserer Gesellschaft zu werten: „Jeder Blick auf die Gesellschaft ist nur ein Blick aus einer bestimmten Perspektive. Wir begehen einen schwerwiegenden Fehler, wenn wir uns die Dinge nur aus der Perspektive ansehen, die wir gewöhnt sind. Überall und ständig konkurrieren Beschreibungen und Lösungen miteinander, die eine der möglichen Perspektiven verabsolutieren.“[15]

Explizit thematisiert Jockel Heenes die Unterschiedlichkeit der Perspektiven 1988 in seiner Installation für die Ausstellung „Worte“ in der Galerie der Künstler in München. Bei der temporären Arbeit klebt Heenes unzählige verschiedene Einladungskarten auf den Boden der Produzentengalerie, schreibt den Titel (DIE GLEICHZEITIGKEIT DER DINGE) auf das Schaufenster, fügt die vier Worte „GEIST“, „MATERIE“, „ZEIT“ und „RAUM“ hinzu, personifiziert die Gleichzeitigkeit des Verschiedenen mit den beiden Worten „DU“ und „ICH“, wobei das „ICH“ als Projektion gegeben ist, das „DU“ mit fluoreszierender Farbe auf der Wand geschrieben steht.

Simulationen

Die gleichzeitige Visualisierung eines Themas mit unterschiedlichen bildnerischen Mitteln in Kombination mit den Möglichkeiten von Sprach- und Bildtexten, also die Überlagerung unterschiedlicher Wirklichkeitsmodelle, führt Jockel Heenes schließlich dazu, seine Modelle unter Zuhilfenahme der Fotografie mit der sogenannten Wirklichkeit zu konfrontieren. Im Werkkomplex der „Simulationen“ setzt Heenes seine Konstruktionen mit farbiger Acrylspachtelmasse direkt in Schwarz-Weiß-Fotos hinein. Anregung hierfür lieferte vermutlich seine Inszenierung einer Plastik im Alten Botanischen Garten in München. 1988 fügt er eine farbige Konstruktion (WVZ Nr. 1988/021 A), ehemals Teil seiner Installation „EINHEIT“ in das klassizistische Eingangsportal des Alten Botanischen Gartens. Trotz ihrer Höhe von 230 cm wirkt sie neben den wuchtigen dorischen Säulen wie David neben Goliath. Auf den ersten Blick fällt auf, dass die beiden Säulen, wie auch das farbige Objekt, ohne Basis auskommen, doch darin erschöpft sich ihre Gemeinsamkeit. Während die Säulen Kannelierung und Entasis aufweisen, richtet sich die Plastik ohne Veränderung des Querschnitts gleichförmig nach oben. Das erste, blau gefasste überkragende Fünfeckelement könnte im Zusammenhang der Säulen als Abakus, als Deckplatte für das rote „Kapitell“ gelesen werden. Doch Heenes Plastik verweigert jeden Dienst, da die Neigung des abschließenden Fünfeckkörpers im Gegensatz zur Säule keinerlei Auflagefläche für Lasten bietet und mit dem Ausbalancieren der geschichteten Körper, der eigenen „Kopflastigkeit“ beschäftigt zu sein scheint.

WVZ-Nr. 1988/021 A

Der Werkkomplex der Simulationen entsteht vor dem Hintergrund dieser Konfrontation seiner Kunstform mit der sogenannten Wirklichkeit. Heenes spürt sofort die erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten in der Fläche, in der er das Spiel mit der Unmöglichkeit seiner Konstellationen weiter steigern kann, weil er an keine Schwerkraft gebunden ist. Bei den sogenannten Simulationen handelt es sich, wie Thomas R. Huber in seinem Beitrag „Zur Zeit Am Ort“ in seinem Text zum Werkverzeichnis prägnant formuliert, nicht um Entwürfe, die auf reale Ausführung von Kunst im öffentlichen Raum zielen, sondern um eine „hybride Verbindung unterschiedlicher Realitätsebenen, die dafür gedacht ist, in der reflektierenden, gestaltenden Wahrnehmung ineinander zu fließen, ohne zu einem geschlossenen Bild zu werden.“[16] Heenes weiß um die Unmöglichkeit seiner Gedankenspiele und genießt es gerade deshalb, keine „Schere im Kopf“ haben zu müssen, nicht beschränkt zu sein wie bei so manchen Projekten für Kunst im öffentlichen Raum.

Der Begriff „Simulation“ zielt in der Naturwissenschaft auf virtuelle Konstruktion von Wirklichkeit. Jockel Heenes interessiert dagegen die unmittelbare Wahrnehmung selbst. In der Collage „Dialog“ (WVZ Nr. 1991/003) fügt er seine Formen in ein Foto des Gartens des Lenbachhauses.[17] Spielerisch antwortet er auf vorgefundene Elemente in der Anlage und verwandelt den Museumsgarten in seine persönliche Ausstellungsfläche. Gleichzeitig kommentiert er mit seiner Bearbeitung ironisch den vorgefundenen architektonischen Bestand. In einer weiteren Collage der Serie (WVZ Nr. 1991/004) nutzt er die beiden Postamente der Treppenbrüstung als Sockel. Seine schweren und instabil wirkenden Formen kommentieren die üppige, historisierende Ausstattung der Villa. Ein als Linienkonstruktion gegebener Körper versperrt dem Betrachter den Weg in den Garten. Seine Form resultiert aus einem regelmäßigen Fünfeck in Grund- und Deckfläche, wobei die Deckfläche um 90° gedreht wird. Heenes konfrontiert die toskanisch anmutende Architektur der Villa des Münchner Malerfürsten mit der schlichten Form des Giebelhauses – dem Haus vom Ni-ko-laus. Die Zeitgenossen von Franz von Lenbach sahen in dem Haus des Malers ein Vorbild für zeitgemäßes gehobenes Bauen und Wohnen. Die Villa gehört mit der künstlich angelegten Alterspatina zu den Orten, die im 19. Jahrhundert den Mythos Münchens als Kunststadt prägten. Heenes spielt mit diesen Bedeutungen und kommentiert sie. „Diese Liniengerüste und farbigen Flächen sind als Planspiele für Hauskonstruktionen, Gedankengebäude zu sehen, die man sich zwar als plastische Körper vorstellen kann, die aber – wie schon gesagt – in der dargestellten Weise nicht räumlich zu realisieren sind. Ich ignoriere die Perspektive, die im Bildraum angegeben ist und setze – wie es zeitgleich auch in anderen Bereichen unserer Kultur immer wieder passiert – meine Position darauf“, äußert er 1993 in einem Interview mit Klaus Batz.[18] Es geht jedoch nicht nur darum, vordergründig „Platz zu besetzen“, seine in die Fotos hineingearbeiteten Gedankengebäude existieren vielmehr als „Wirklichkeitsüberlagerung in einem Zwischenbereich, im „Noch-Nicht“ und „Nicht Mehr“ als spielerische Möglichkeit“, wie er in seinen Anmerkungen zu den Fotoarbeiten formuliert.[19]In seinen Simulationen kombiniert Heenes unterschiedliche Wirklichkeitsmodelle – wir haben längst aufgehört, Fotos für ein Abbild von „Wirklichkeit“ zu halten – miteinander und erzeugt in dieser Verdichtung sein eigenes Spannungsfeld.

WVZ-Nr. 1991/003
WVZ-Nr. 1991/004

Das Fünfeck in Malerei, Plastik und Zeichnung

In einer dreiteiligen „ÜBERLAGERUNG“ (WVZ Nr. 1990/004) von 1990 greift Heenes die Fünfeckstelen der Freisinger Installation auf und malt in klassischer Tafelbildmalerei eine Fünfeckstele in drei verschiedenen Farbstimmungen und nutzt damit auch in der Malerei die serielle Methode. Das Spektrum der drei Gemälde reicht von einer frischen Farbigkeit, wie wir sie im Frühling beobachten können, über satte Farbklänge des Hochsommers zu einer erdigen herbstlichen Farbstimmung. Nicht nur im Farbton, auch in der Form unterscheiden sich die drei Farbkörper. Alle drei Bilder verbindet die Arbeit mit zwei unterschiedlichen Ebenen: Eine Linienzeichnung liegt als zweite Ebene über dem in scheinperspektivischer Ansicht gegebenen Farbkörper. In der Zeichnung erlaubt sich der Künstler größere Freiheit gegenüber perspektivischer Darstellung, ohne sich in ornamentale Flächengliederung zu verlieren. Auffällige Gemeinsamkeit von Farbkörper und Zeichnung ist die Irritation, die beim Betrachter dadurch entsteht, dass in beiden Systemen die Seitenflächen nicht mit der Grundfläche korrespondieren. Beschränkt sich die Störung des Perspektivsystems im Farbkörper auf eine geringfügige Verschiebung, wird die fehlende Verbindung von Grund- und Seitenflächen in der Linienzeichnung explizit in den Mittelpunkt gerückt. Die Linienzeichnung ist dem Farbkörper gleichsam als Idee eingeschrieben. Man könnte in ihr den Intellekt, der dem Objekt hinzugefügt ist, sehen, da sie etwas zum Vorschein bringt, was im Farbkörper verborgen bleibt. Es entsteht ein Körper, der dem ersten ähnelt, ihn aber nicht kopieren, sondern einsehbar machen will. 1994 entsteht eine Serie von farbigen Wandobjekten, in denen Heenes die scheinperspektivischen Körper seiner Bilder in die Plastik überträgt und die illusionistische Präsentation eines Farbkörpers nun zugunsten unterschiedlicher Flächen und ihrer Wirkung im Raum aufgibt.

WVZ-Nr. 1990/004
WVZ-Nr. 1994/012

Diese reliefartigen Körper werden mit ihrer reduzierten Plastizität wiederum in die Malerei übertragen. In einem 1995 entstandenen Blatt legt Heenes eine aus unterschiedlichen fünfeckigen Farbflächen zusammengesetzte rotbraune Form über eine grünblaue. Durch die unterschiedlichen beiden Rottöne erzeugt er den Eindruck, es handle sich um zwei Seiten eines Farbkörpers, um im oberen Teil diese räumliche Illusion mit der braunen Fläche wieder aufzuheben. Über den beiden Flächenelementen liegt ein gelbes, perspektivisch ebenfalls unmögliches Liniengerüst. Den Abschluss bildet ein zweites, das in Blau gehalten ist. Während die beiden Flächenelemente in der Farbwahl ihrer Raumwirkung entsprechend positioniert sind – die nach vorne drängende rote Fläche liegt über der zurückweichenden blauen – dreht sich das Verhältnis bei den Liniengebilden um: die unten liegende gelbe Linie überstrahlt die blaue und scheint nach vorne zu drängen. Die graue Fläche verortet die Konstellation auf dem ersten Blick im Raum, aber die Trennlinie von Wand und Boden fällt mit Linien der scheinräumlichen Konstruktion zusammen und verunklärt damit die räumliche Situation.

WVZ-Nr. 1995/026

Ganz allgemein gibt es für perspektivische Zeichnungen die Empfehlung, räumlich hintereinander Liegendes klar von einander zu trennen und ein solches Zusammenfallen von Linien auf jeden Fall zu vermeiden. Umgekehrt könnte man mit dem Blick der italienischen Futuristen in dieser partiellen „Zusammenkunft“ von Figur und Grund die Visualisierung der besonderen Abhängigkeit vom Objekt und seiner Umgebung sehen. Im Technischen Manifest der Futuristen heißt es: „Unsere Körper dringen in die Sofas, auf denen wir sitzen, ein, und die Sofas dringen in uns ein, so wie die vorüberfahrende Straßenbahn in die Häuser dringt, die sich ihrerseits auf die Straßenbahn stürzen und sich mit ihr verquicken.“[20] Der Begriff der „simultaneità“ wurde zur zentralen Kategorie futuristischer Ästhetik, wobei Simultanität bei den Futuristen mehr als bloße Gleichzeitigkeit verschiedener Ereignisse im Bild bedeutete. Der Begriff zielte auf die Verschränkung von aktueller Wahrnehmung und Erinnerung, auf die Synthese aus objektiver Anschauung und den durch das Objekt ausgelösten Sinnesempfindungen mit den damit verbundenen Gefühlen und Assoziationen.[21] Der vom Futurismus faszinierte Dadaist Richard Huelsenbeck beschrieb diese Gleichzeitigkeit mit folgenden Bildern: „Simultanität ist gegen das Gewordene für das Werden. Während ich mir z. B. nacheinander bewusst werde, dass ich gestern eine alte Frau geohrfeigt und mir vor einer Stunde die Hände gewaschen habe, fällt der Schrei der Bremse einer elektrischen Straßenbahn und das Poltern des Ziegels, der vom nächsten Dach fällt, gleichzeitig in mein Ohr, und mein Auge (mein äußeres oder mein inneres) richtet sich auf, um in der Gleichzeitigkeit dieser Geschehnisse einen schnellen Sinn des Lebens zu erhaschen. (…) Es wird mir unmittelbar bewusst, dass ich lebe. (…) Simultanität ist direkter Hinweis aufs Leben.“[22] Boccioni erzeugt in seinem Bild „Volumi orizzontali“ von 1912, das sich heute in der Pinakothek der Moderne in München befindet, den Eindruck von Simultanität über eine spezifische Durchdringung von Figur und Grund. Motivisch bildet hier ein Portrait der Mutter des Künstlers auf dem Balkon den Ausgangspunkt der Darstellung. Doch die Figur im Vordergrund und die sichtbare Architektur im Hintergrund sind nicht deutlich voneinander abgegrenzt, sondern werden durch die Verwendung gemeinsamer Linien auf eine Ebene gebracht und miteinander verzahnt. Boccioni betont die Diskrepanz zwischen Bild und Realität, indem er zusätzlich Entfernungsangaben in das Gemälde einträgt: Wo ein architektonischer Körper der Figur ganz nah ist, stellt er mit der Maßangabe 122 m klar, dass sich das Haus in Wirklichkeit in eben dieser Distanz zur dargestellten Figur befindet. Distanzen werden programmatisch aufgehoben, um das spezifische Kräfteverhältnis von Figur und Grund thematisieren zu können. Boccioni führt hierzu 1914 aus: „Die Konstruktionslinie eines Gegenstandes müsste nach der alten und irrigen Auffassung den Gegenstand in sich einschließen und seine Aktion ausdrücken – das wäre ihre Rolle als Kontur. Aber die Aktion eines Gegenstandes, das heißt, seine Fähigkeit, in Erscheinung zu treten, zu leben, kann nur erfasst werden, wenn man ihr Verhältnis zur Umwelt mit einbezieht, ohne die ein Gegenstand nicht existieren kann.“[23]

Als Auftragsarbeit für Rosemarie und Gerhard Scholl, St. Wendel entsteht 1997 unter der Bezeichnung „Sonne“ eine Scheibe, die aus sechs unterschiedlich starken Farbkörpern zusammengesetzt ist. Das Zentrum bildet ein gelbes Fünfeck, an jede Seite dieser Form fügt sich ein weiteres Fünfeck an (WVZ Nr. 1997/001). Drei Jahre später greift er in einem Aquarell diese Konstellation wieder auf (WVZ Nr. 1999/018). Jetzt verzichtet er jedoch auf das Zentrum und präsentiert die Gesamtform als Reif um 90° gedreht freischwebend auf weißem Büttenpapier. Das Bauprinzip einer wichtigen Werkreihe, die ihn die nächsten beiden Jahre beschäftigen wird, ist gefunden. Die fünf Fünfecke variieren in Farbton, Form und Größe, allein 1999 entstehen 17 Variationen. Die flächenmäßig größte Arbeit baut Heenes im Jahr 2000 (WVZ Nr. 2000/041). Sie scheint sich in ihrer Farbigkeit auf das Aquarell zu beziehen, wenn auch ein blaues durch ein grünes Fünfeck ersetzt wird. Erhard Witzel spricht in diesem Zusammenhang auf der Homepage seiner Galerie von ungewohnten Bildskulpturen, die sich an den Wänden „festsaugen“.

WVZ-Nr. 1997/001
WVZ-Nr. 1999/018
WVZ-Nr. 2000/041

Im selben Jahr entstehen für die Installation in der Praxis des Zahnarztes Harald Fahrenholz drei kleinere Wandobjekte, die er mit drei sich überlagernden Linien auf der Wand kombiniert (WVZ Nr. 2000/009 A.) Die Zeichnungen umschreiben auf den ersten Blick schmale Rechtecke, denen scheinbar eine Ecke abgeschnitten wurde. Doch die Linien verlaufen nicht parallel, sie treffen einander nicht im rechten Winkel, sondern irritieren den Gleichgewichtssinn des Betrachters durch geringfügige Abweichungen.[24]

WVZ-Nr. 2000/009 A

Diese Auftragsarbeit führt zu einer weiteren Serie, in der die Liniengebilde der Installation auf farbige Latten übertragen werden.[25] Heenes skizziert das Objekt zunächst mit Aquarellfarbe (WVZ Nr. 2000/011)[26], hält sich jedoch nicht sklavisch an den Entwurf, sondern verändert die Farbgestaltung der einzelnen Rahmen und montiert beim Leistenobjekt die einzelnen Elemente seitenverkehrt (WVZ Nr. 2000/015). Vermutlich ergab das Spiel mit den Rahmen nach deren Fertigstellung die Anregung hierfür. Der spielerische Umgang mit den Elementen beim Entwurf, aber auch die Bereitschaft bei der Realisierung Änderungen vorzunehmen, zeugt von seinem wachen Auge während des gesamten Schaffensprozesses. Aus diesem Grund ist es für ihn auch sehr wichtig, die Herstellung nicht anderen zu überlassen, sondern ständig und überall selbst Hand an zu legen. Denn jede Stufe des Herstellungsprozesses kann neue Perspektiven eröffnen.

WVZ-Nr. 2000/011
WVZ-Nr. 2000/015
WVZ-Nr. 2002/034

Während sich die Teilräume bei dem Leistenobjekt nur geringfügig überschneiden, setzt Heenes zwei Jahre später in seinem Glasobjekt auf die völlige Durchdringung von „Räumen“ die mit Hilfe von Linien gefasst werden. Er unterstreicht den Eindruck von Beweglichkeit und Veränderbarkeit, indem er die Linien auf eiförmigen Glasflächen anbringt, die ihrerseits auf einem Pentagramm aufgebracht sind, das wie eine Achse wirkt um die sich die Glasscheiben drehen können (WVZ Nr. 2002/034).

Im Rahmen der Ausstellung „Kunst im Knast“, der 24. Jahresausstellung im ehemaligen Gefängnis Baden-Baden der Gesellschaft der Freunde junger Kunst e.V., gestaltet Heenes 2000 temporär eine Zelle mit einander durchdringenden, sich überlagernden unregelmäßigen Fünfecken. Die Stärke der direkt mit Acrylfarbe auf die Wand gezogenen Linien variiert zwischen 3 und 5 cm (WVZ Nr. 2000/046). Der enge Raum der Zellen wird parzelliert in zahlreiche Teilräume, die sich völlig unabhängig von den architektonischen Gegebenheiten über die Wände erstrecken. Sie gehen über den Fensterrahmen, das vergitterte Fensterglas ebenso unbekümmert hinweg wie über den Spiegel oder die vernietete Stahltür und nehmen sich damit Freiheiten, die den ehemaligen Insassen des Gefängnisses verwehrt wurden.

WVZ-Nr. 2000/046

Ganz im Bann des fremden Lichts entstehen nach einem intensiven Arbeitsaufenthalt in Island im Jahr 2000 zahlreiche Farbkompositionen in unterschiedlichen Größen und Formaten. Sie alle basieren auf Rechtecken, denen einen Ecke abgeschnitten wurde. Die unregelmäßigen Fünfecke lassen nun in ihrer Vielgestaltigkeit und Variation kaum noch ihre Herkunft vom Fünfeck des archetypischen Giebelhauses erahnen.

Anders als mit Dreiecken, Vierecken und Sechsecken kann man mit – wie auch immer gestalteten Fünfecken keine lückenlose Fläche ausfüllen. In der Wissenschaft konnte in jüngster Zeit experimentell bewiesen werden, dass Anordnungen mit fünfzähliger Symmetrie die Kristallisation von Metallschmelzen verhindern. So hält die künstlich erzeugte fünfeckige Oberflächenstruktur von Gold in Form einer Gold-Silizium-Verbindung ungewöhnlich lange flüssig. Dank der pentagonalen Struktur bleiben die Goldtropfen dicht gepackt. Erst wenn sich die Siliziumatome während der Abkühlung mehr und mehr verringern und sich die Goldatome umordnen und zu periodischen Vielecken verknüpfen, kann sich ein starres Kristallgefüge bilden. Im Bereich der Plastik hat der Bildhauer Gerard Caris die Möglichkeiten der Addition von Pentagonen untersucht. Seine Skulpturen greifen in den Raum und bedienen sich hierbei mehrerer Dodekaeder. Jockel Heenes interessiert sich jedoch nicht für den gleichmäßigen Platonischen Körper, ihn reizen vor allem die geringfügigen Veränderungen, die sich durch eine Verschiebung der Spitze im Fünfeck ergeben. Die individuelle Abweichung von der Grundform wird bei ihm zum formkonstituierenden Faktor. Hier schließt sich der Kreis zu den frühesten Blättern seines Werkverzeichnisses. Bereits die beiden Farbradierungen (WVZ Nr. 1975/018 und WVZ Nr. 1975/015) dokumentieren sein großes Interesse an gewachsenen natürlichen Formen. Mit viel Aufmerksamkeit für Details erforscht er die natürliche Flächengliederung ähnlicher Formen. Diese Faszination für gebaute Flächen und ihre geringfügige Variation kennzeichnet alle Phasen seines Gesamtwerks.

WVZ-Nr. 1975/015
WVZ-Nr. 1975/018
WVZ-Nr. 2001/004
WVZ-Nr. 2002/048

Bei einer „Pflasterung“ von Fünfecken in der Fläche in einem festgelegten Format, wie sie die beiden hier abgebildeten Blätter aufweisen, ergeben sich unwillkürlich Restflächen. Je nach Anordnung bleiben zwei bis sechs kleine Rechtecke übrig. Diese „Füllelemente“ sind flächenmäßig in allen Bildern bei Jockel Heenes stets die kleinsten. In einem Blatt aus dem Jahr 2001 (WVZ Nr. 2001/004) fallen sie auf den ersten Blick nicht auf, weil sie sich nahtlos in die Farbkomposition fügen. Die beiden fünfeckigen Farbflächen am unteren Bildrand verbinden sich über die Farbe, aber auch über ihre symmetrische Form zu einem Farbkörper, während die Diagonale der abgeschnittenen Rechtecke auch bei den übrigen Flächen der Komposition eine Art Scheinräumlichkeit erzeugt, da wir mit ihr in die Tiefe führende Linien perspektivischer Darstellung verbinden. In dem anderen Blatt dagegen werden diese „Restflächen“ mit ihrer dunklen Farbgebung explizit herausgehoben (WVZ Nr. 2002/048).

WVZ-Nr. 2001/013
WVZ-Nr. 2002/035

In der Folge steigert Heenes die räumliche Wirkung seiner Bilder, indem er die Glasfläche des Bilderrahmens als zweite Ebene für seine Kompositionen nutzt und auf der dem Blatt zugewandten Seite eine Linienkonstruktion aufträgt (WVZ Nr. 2001/013). Die Zeichnungen werden in den drei Grundfarben direkt auf das Glas gezeichnet und durch die Linienführung eindeutig in ihrer räumlichen Abfolge definiert: Ganz unten liegt der gelbe Rahmen auf der Farbkomposition, darüber der rotorange, der oberste schließlich ist der blaue Rahmen. Heenes verwendet hier die Farben also nicht entsprechend ihrer Wirkung im Raum, da die blaue Linie zurückweicht, während vor allem die rotorange Linie nach vorne drängt. Im folgenden Jahr entsteht ein vergleichbares Spiel mit unterschiedlichen Ebenen (WVZ Nr. 2002/035), wobei nun mehrere Farbflächen übereinander gelagert zu sein scheinen.

Auch in der nächsten Arbeit nimmt Heenes die Mehrlagigkeit auf, die Farbflächen bilden nun nicht nur die unterste Ebene, sondern legen sich gleichzeitig über die Linienzeichnung und geben den Linien im Dazwischen einen exakt definierten Raum (WVZ 2002/008.) Allmählich verzichtet Heenes auf die konventionelle Rahmung und baut dreidimensionale Kästen aus Glas, innerhalb derer die Linien-Flächenkompositionen ihr Spiel frei entfalten können (WVZ Nr. 2002/025).[27]

WVZ-Nr. 2002/008
WVZ-Nr. 2002/025

Diese Experimente münden in eine temporäre Wandmalerei für eine Ausstellung in der Münchner Artothek im Jahr 2002 (WVZ Nr. 2002/056), deren Entwurf im Nachlass erhalten ist (WVZ Nr. 2002/056 A). Allein durch ihre Größe rücken die fünfeckigen Farbflächen in die Nähe von Baukörpern, in die Nähe von Architektur im weitesten Sinne. Eine große Glasplatte lehnt nahezu mittig an der Wandmalerei und wiederholt zusammen mit den beiden darauf aufgebrachten Farbflächen und der Linienzeichnung das Thema der Wandmalerei und schafft eine zweite imaginär davor liegende Ebene, die zwischen Betrachter und Wandzeichnung vermittelt.

Dieses ausgeprägte Interesse an der Überlagerung mehrerer Ebenen durchzieht sein gesamtes Werk. Die Überlagerung findet sich sowohl im Einzelwerk als auch in seinen mehrteiligen Installationen – hier fügen sich im Nebeneinander Malerei, Zeichnung, Plastik und Bildtext unterschiedliche Darstellungsmodi zu einer Einheit. Auch seine Simulationen und seine Serie, in der er die geschminkte Kunstwelt der Werbung mit seinen farbigen Fünfecken versieht (WVZ Nr. 2001/019-023), sind mit ihrer Kombination verschiedener Realitätsebenen in diesem Zusammenhang zu sehen.

2002 thematisiert Jockel Heenes in einer Collage explizit das Oszillieren zwischen Hausmotiv und unregelmäßiger Flächenform (WVZ Nr. 2002/052). Ein Zeitungsausschnitt zeigt ein kleines landwirtschaftliches Gebäude mit Satteldach. Heenes schneidet dem Bild eine Ecke ab und verwandelt es auf diese Weise ebenfalls in ein Fünfeck, die Grundform, auf der alle Bildelemente basieren. Die darüber gelegte Zeichnung nimmt die fünfeckige Form des abgebildeten Hauses auf, variiert sie und spielt mit den Gesetzen der Perspektive in der bekannten Weise. Diese Zeichnung wiederum bildet die Basis für weitere Konstruktionen, die schließlich die Haus-Assoziationen weit hinter sich lassen und in einen perspektivisch unmöglichen Körper mit fünf Flächen münden. Als Gegengewicht zum Zeitungsbild fungiert eine violette fünfeckige Fläche, die in der Komposition wie die Quintessenz der Konstruktion aus dem Spitzgiebelhaus präsentiert wird.

WVZ-Nr. 2002/052

1989 nutzt Heenes erstmals die Möglichkeit, das Fünfeck kühn als perspektivisch verzogenes Rechteck zu präsentieren, dem schlicht eine Ecke abgeschnitten wurde. Zunächst hält er hierbei an der Reminiszenz „Hausfassade“ fest. So weist die rote Farbe die diagonal über Eck gestellte Farbfläche in „Fünfeckiges Land mit Wohnkörper“ (WVZ Nr. 1989/043) als Dach eines perspektivisch verschobenen „Wohnkörpers“ aus.

WVZ-Nr. 1989/027
WVZ-Nr. 1989/043
WVZ-Nr. 1989/052

Dieser Fläche schneidet Heenes die untere Spitze ab und platziert den Wohnkörper um 90° gedreht so auf eine grüne fünfeckige Grundfläche, dass Haus- und Grundstücksbegrenzung auf einer Seite zusammenfallen. Körper und Grundfläche, Haus und geometrische Flächenform gehen auf diese Weise eine enge Verbindung ein und sind untrennbar miteinander verbunden. Gleichwohl eröffnet die Linienzeichnung die Möglichkeit einer Lageveränderung von „Haus“ oder „Garten“. Das Haus ruht auf der Seite liegend auf breiter Basis, die von Hauswand und abgeschnittener Dachfläche gebildet wird. Doch die grüne Farbfläche droht das Gleichgewicht zu stören, will das Haus in den Abgrund stürzen, wäre da nicht die zarte Linienzeichnung als Gegenbewegung – ein sorgsam austariertes Spiel der Kräfte. Eine verwandte Arbeit geht diesem Blatt voraus (WVZ Nr. 1989/027). Hauswand und Dach bilden ebenfalls eine Linie, die jedoch nicht parallel, sondern im 45° Winkel zur unteren Bildkante steht. Auch hier gesellt sich zu den Farbflächen eine zwar zarte, dennoch für die Komposition wichtige Linie. Obwohl diese Linie in diesem Blatt zunächst ein klar definiertes Rechteck umschreibt und zusammen mit der linken Kante der grau hinterlegten Fläche mühelos zu einem Fünfeck ergänzt werden könnte, führt Heenes die Linie am unteren Bildrand bewusst über die Türkis gehaltene Farbfläche hinaus und unterläuft somit die Erwartung des Betrachters. Ein weiteres Blatt aus dieser Reihe nimmt die beiden Elemente „Haus“ und „Garten“ auf und reduziert sie auf fünfeckige Farbflächen, wobei beide Farbflächen an einer Seite verbunden sind und das „Haus“ in seiner Lage entfernt an die Technik von Kindern, eine räumliche Darstellung durch Umklappung zu erzeugen, erinnert (WVZ Nr. 1989/052). Das grün gehaltene Fünfeck dominiert die Komposition und spiegelt die besondere Bedeutung des Gartens im Leben von Jockel Heenes.[28]

Das Spiel mit den Farbflächen verselbständigt sich, das Fünfeck lässt nur noch im Kontext des Gesamtwerkes seine Herkunft aus dem Archetyp des Hauses erkennen, wird im vierteiligen Bild mit anderen Formen wie Dreiecken und Vierecken kombiniert (WVZ Nr. 1989/015) und unter dem Titel „Scultura una“ wieder zu einer scheinbar dreidimensionalen Form verdichtet (WVZ Nr. 1989/023).

WVZ-Nr. 1989/015
WVZ-Nr. 1989/023

Die Auswahl der hier abgebildeten Werke legt durch das in der Nummerierung dokumentierte Entstehungsdatum eine Entwicklung von fünfeckigen Flächenformen zum Fünfeck des Hauses nahe, aber sein Gesamtwerk zeigt bei der Verwendung des Fünfecks keine kontinuierliche Entwicklung. Völlig frei lotet Heenes die gegenständlichen wie auch die ungegenständlichen Möglichkeiten dieser Form in Zeichnung, Malerei und Plastik aus, gelangt vom Haus zum Rechteck dem eine Ecke abgeschnitten wurde und wieder zurück.

Ein einziges Mal verwendet Heenes das Haus gewissermaßen in Reinform. In seinem Konzept für die Insel im Bansapark der Stadt Neu-Isenburg plant er ein sogenanntes „Reflektorium“, das über einen Steg und einer Treppe direkt mit dem See verbunden ist (WVZ Nr. 2004/009). Die Bezeichnung Reflektorium ist eine inzwischen in unterschiedlichen Zusammenhängen gebräuchliche Neuschöpfung, den Wortstamm bildet unsere heutige Vorstellung von „Reflexion“. Heenes schafft für uns Betrachter eine Versuchsanordnung, in der Inselbewohner wie Enten, Gänse, Schwäne, Amseln und Meisen gewissermaßen stellvertretend agieren. Er charakterisiert das Reflektorium als „Rasthaus“ „Gasthaus“, „Nisthaus“, „Bühne“, „Heimathaus“ und „Schutz + Rückzugsraum“ und benennt damit zentrale Bedeutungsebenen des Archetyps. Sein Gebäude besteht aus einem Innenhaus, das er als Konstruktion aus wasserfesten Tischlerplatten und Vierkantständerwerk plant und einer spiegelnden Außenhülle. Das zweischalige Bauwerk steht auf einer Metallplattform, vom Haus führt ein Steg mit Treppe zum Wasser. Die Außenhülle tarnt den künstlichen Baukörper in mitten der gewachsenen, belebten Natur und verwandelt ihn gleichzeitig in ihre Projektionsfläche: „Die Spiegel auf den in unterschiedlichen Winkeln angebrachten Flächen und Ebenen des Reflektoriums zeigen realistische, sich ständig verändernde Abbilder der unmittelbaren Umgebung auf der Insel. Die Tagesabläufe, Licht und Dunkelheit und alle feinen Veränderungen und Nuancen im Verlauf der Jahreszeiten lassen sich detailliert, ausschnitthaft und spiegelverkehrt beobachten“, schreibt Heenes in seinem Konzept. Die Tier- und Lebewesen um das Haus werden zu Darstellern in einem Film, der in Echtzeit abläuft. Die Betrachter sind aufgefordert sich beobachtend, dokumentierend aber auch selbst schöpferisch in Form von Fotos, Filmen, Geschichten etc. zu beteiligen. Alle sind eingeladen, sich selbst ein Bild zu machen und gleichzeitig die eigenen Bilder im Kopf zu hinterfragen: „Ein Haus ist ein Haus – ist ein Haus ein Haus?“

WVZ-Nr. 1989/015

Anmerkungen

  1. Unter dem Pseudonym „Joachim Neuner“ beschreibt Jockel Heenes in einem Interview mit Thomas Röbke seine damalige Situation: „Mein Vater hatte ein Maler- und Verputzergeschäft. Ein Großonkel war der einzige Mensch in der Familie, der künstlerisch interessiert war – er hat gezeichnet und gemalt. Aber er hatte nie so sehr viel Zeit dazu, da er von Beruf Stadtbaumeister war und nur im Urlaub und in der Freizeit malen konnte. Bei dem Malergeschäft gab es eine Werkstatt und in dieser Werkstatt gab es immer Farben – mich hat es als Kind natürlich gereizt, mit den vielen Farben in der Werkstatt umzugehen, aber es wurde dann teilweise verboten, weil meinem Vater die Farbklekse am Boden zu viel wurden.
    Irgendwann habe ich einen Ölmalkasten geschenkt bekommen und angefangen zu malen. Im Kunstunterricht in der Schule war ich nicht besonders gut, es hat mich auch nicht sonderlich interessiert. Das lief eher so nebenbei.
    Ich habe die Handelsschule gemacht, weil ich den Betrieb übernehmen sollte. Nachdem ich die Mittlere Reife hatte und mit der Malerlehre fertig war, ist mein Vater an einem Kreislaufkollaps gestorben. Das war ziemlich einschneidend und ich habe mir überlegt, dass das wohl keine gute Aussicht sein kann, sein Leben mit solchem Stress und ständiger Unruhe zu verbringen, um dann relativ früh zu sterben. Da war ich 18 – ein Alter, in dem ich mich noch nicht so selbstständig fühlte, um mir ganz genau im Klaren zu sein, was ich wollte.
    Meine Mutter hatte es so vorgesehen, dass ich das Geschäft übernehme. Sie erwirkte eine Ausnahmegenehmigung, dass ich die Meisterprüfung früher machen konnte. Dazu bin ich nach München an die Meisterschule. Parallel habe ich Kontakt zur Akademie aufgenommen, habe einem Professor meine Mappen gezeigt. Er hat gesagt, „Du kannst schon kommen, Du musst ja nicht eingeschrieben sein.“
    Das war Ende 1967, vor den Studentenunruhen. Ich habe dann die Meisterprüfung gemacht und parallel dazu die Aufnahmeprüfung an der Akademie bestanden. Als ich nach Hause kam, war meine Mutter ganz stolz, dass ich die Meisterprüfung bestanden hatte, und ich sagte ihr, dass ich auch noch eine schlechte Nachricht für sie habe, und zwar hätte ich die Aufnahmeprüfung an der Akademie bestanden. Da war sie enttäuscht. Sie wusste schon, dass ich nicht in das Malergeschäft einsteigen wollte, aber sie hat gedacht, sie kann mich von der Kunst wieder abbringen.
    Ich habe mit ihr ausgehandelt, dass ich wenigstens zwei Probesemester an der Akademie bleiben kann. Danach habe ich mich von der Akademie beurlauben lassen und ein dreiviertel Jahr versucht, den Malerbetrieb zu leiten. Ich bin alle 14 Tage am Wochenende nach München gefahren und bin Sonntag Nachts wieder aus München zurück, damit ich pünktlich um 7.00 Uhr im Betrieb war. Meine Mutter sprach mich an, wie ich mir das denn vorstelle, so ein Betrieb sei ja auch am Samstag und Sonntag ein Betrieb, da gibt es Kalkulationen und Kundenbesuche, da gibt es Gespräche über die Einsatzplanung, es waren ja 20 Beschäftigte. Sie sagte, „Du musst Dich entscheiden“, und ich sagte, „ich will nicht wie mein Vater enden“. Das war ein gewaltiger Schock für sie, sie hätte mir drohen können, aber das hat sie nicht gemacht. Sie hat wohl verstanden, was in mir vorging.“ Thomas Röbke: Kunst und Arbeit. Künstler zwischen Autonomie und sozialer Unsicherheit. Essen 2000, S. 148f.
  2. Gegen die Angst hilft vor allem Mut – „M(ünchen)-UT“ lautet auch das Wunschkennzeichen seines Autos.
  3. Heinz Schütz steckt mit seiner Feststellung „Ein Haus ist ein Freudsches Kästchen, ist Schrein, ist Sarg“ das weite Feld möglicher Assoziationen ab. Heinz Schütz in: „Eines nicht ohne ein anderes“, Aust. Kat. Kunst + Kommunikation, München, Kunstverein Ingolstadt, Kunsthalle Darmstadt, München 1987
  4. David Hume: Treatise of human nature, 1739-1740, umgearbeitet in: David Hume: An enquiry concerning human understanding, 1748, dt. Übersetzung von Theodor Lipps: David Hume, Traktat über die menschliche Natur, 2. Buch über die Affekte. Leipzig 1923, S. 160f.
  5. Gertrude Stein zit. nach J. M. Brinnin: The third rose. Gertrude Stein and her World. 1959, dt. Ausgabe: J. M. Brinnin: Die dritte Rose, übersetzt aus dem Amerikanischen von Maria Wolff. Frankfurt am Main 1991, S. 341.
  6. Vgl. Gilles Deleuze: Differenz und Wiederholung. München 1992, S. 99
  7. Gustave Le Bon: Psychologie des Foules, 1895; dt. Ausgabe Psychologie der Massen, 1911, Stuttgart 12. Auflage, S. 88f
  8. Georg Lukács: Ästhetik Teil 1. Die Eigenart des Ästhetischen, 1. Halbband, Werke Band 11. Neuwied/ Berlin 1963, S. 275
  9. Umberto Eco: Die Zeit der Kunst, in: Michel Baudson (Hrsg,): Zeit. Die vierte Dimension in der Kunst. Ausst. Kat. Kunsthalle Mannheim/ Museum Moderner Kunst Wien 1985, S. 80.
    In der Psychoanalyse prägte Sigmund Freud für die stereotype Reproduktion bestimmter leidvoller Situationen den Begriff „Wiederholungszwang“.
  10. Gottfried Böhm: Mögliche Welten: Revolutionäre Aspekte in der Kunst der klassischen Moderne. Winterthur 1991, S. 14
  11. „War in früheren Arbeiten Holz mit Blei als Ausdruck des Todes überzogen, wird jetzt Farbe (Acryl/Spachtelfarbe) als Zeichen der Lebendigkeit auf die glatte Oberfläche aufgetragen.“ Susanne von Frank: Ein Haus ist ein Haus: ist ein Haus ein Haus, in: Nike, New Art in Europe, Nr.37, April 1991, S. 16
  12. Eva Maltrovsky: Die Lust am Text in der bildenden Kunst. Europäische Hochschulschriften. Reihe I, Bd./Vol.1898. Frankfurt am Main 2004, S. 16
  13. Siegfried J. Schmidt: Über die Funktion von Sprache im Kunstsystem. In: Eleonore Louis: Die Sprache in der Kunst. Die Beziehung von Bild und Text in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Ausstellungskat. Wien 1993, S. 85
  14. Wolfgang Max Faust: Bilder werden Worte. Zum Verhältnis von bildender Kunst und Literatur. Vom Kubismus bis zur Gegenwart. Köln 1987, S. 189
  15. Armin Nassehi: Mit dem Taxi durch die Gesellschaft. Soziologische Storys. Hamburg 2010, S. 33. Die aus der Perspektivendifferenz unserer Zeit resultierenden gesellschaftlichen Probleme können für ihn deshalb nur durch die bedingungslose Akzeptanz des Widerspruchs überwunden werden.
  16. Thomas R. Huber: Zur Zeit Am Ort. Durch Jockel Heenes‘ Erfahrungsräume. 2010
  17. „Heenes fertigte originalgroße Silhouetten der geplanten Fünfeckkörper aus Zeitungspapier an, die er so lange auf dem Fotoabzug verschob, bis er den für ihn idealen Platz in der Gesamtkomposition gefunden hatte. Dann klebte er jede einzelne Fläche sorgfältig ab und brachte die Acrylfarbe in Spachteltechnik auf den Abzug auf.“ Thomas R. Huber, ebenda
  18. Jockel Heenes in: Tradition und Moderne, Ausst. Kat. Kunstwettbewerb zur 250-Jahr-Feier der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen – Nürnberg 1993
  19. Jockel Heenes in: Simulation. Ausst. Kat. Museum der Stadt Langen. 1998
  20. Die futuristische Malerei. Technisches Manifest 1910, zit. nach Christa Baumgarth: Die Anfänge der futuristischen Malerei, XI, 2-3, 1964, oder Geschichte des Futurismus. Reinbek bei Hamburg 1966, S. 182
  21. Vgl. Uwe M. Schneede: Umberto Boccioni. Stuttgart 1994, S. 90.
  22. Richard Huelsenbeck, En avant Dada, Hannover 1920, zit. nach Uwe M. Schneede: Umberto Boccioni. Stuttgart 1994, S. 90f
  23. Umberto Boccioni: Pittura scultura futuriste (Dinamismo plastic), Milano 1914; zit nach Uwe M. Schneede: Umberto Boccioni. Stuttgart 1994, S. 109
  24. Die Wandzeichnungen existieren heute nicht mehr, die Objekte befinden sich inzwischen an einem anderen Ort.
  25. Heenes verwendete bereits 1988 in seiner Wandarbeit für die Installation „REALITÄT WAS IST DAS“
    (WVZ Nr. 1988/022 B) farbige Holzleisten, greift aber erst jetzt diese Technik, farbige Linien mit Hilfe von Leisten zu materialisieren, wieder auf.
  26. Die Arbeiten WVZ Nr. 2000/011 bis einschließlich WVZ Nr. 2000/016 entstehen in Island während des gemeinsamen Aufenthaltes des Künstlerpaares Heenes-Gestner im Künstlerhaus in Reykjavik für eine Ausstellung in Höfn mit Inga Jonsdóttir und Inga Ragnarsdóttir.
  27. Heenes lässt die Glaskästen bei der Firma Spiegel-Deubl anfertigen. Bei WVZ Nr. 2002/002 bis einschließlich WVZ Nr. 2002/027 wird der Glaskasten über eine Rückwand aus Pappelholz geschoben, der seinerseits mit einem Rahmen auf der Rückseite zur Aufhängung versehen ist.
  28. Seinen Freunden ist das kleine Paradiesgärtlein, das er mit seiner Frau vor dem gemeinsamen Münchner Atelier in der Asamstraße anlegt, in Erinnerung. Jeden Morgen richtet sich auf dem Weg über den Hof von der Wohnung zum Atelier der prüfende Blick auf die Pflanzen. Mit den Fingern streicht er über die zarten Rosenknospen, um Schädlinge abzuwehren. Ein kleiner Spaten und ein Eimer gehören zu seiner Standardausrüstung im Auto um unterwegs Erde für seinen Garten sammeln zu können.